Die Europäische Spinne des Jahres 2018
Die Fettspinne – Steatoda bipunctata (Linnaeus, 1758)
Die Fettspinne, Steatoda bipunctata (Linnaeus, 1758), gehört zur Familie der Haubennetzspinnen (= Kugelspinnen, Theridiidae). Diese Spinnenfamilie zählt weltweit 2.487, und in Europa 228 Arten. Die Gattung Steatoda ist in Europa mit 13 Arten vertreten, in Mitteleuropa sowie in Österreich kommen 6 Arten vor.
Die Fettspinne kommt in allen Ländern Europas vor. Ihre Vertikalverbreitung ist vornehmlich planar/kollin (bis 800m Seehöhe), es gibt aber auch Fundmeldungen bis 2000m Seehöhe, z.B. in den Alpen.
Als Netzbauerin ist die Art meist in oder an Gebäuden zu finden, z.B. unter Fenstersimsen; die Fettspinnen gehört zu den eher anspruchslosen Spinnen und kann selbst in sehr trockenen Räumen gut überleben. Auch im Freiland ist sie zu Hause, vornehmlich in Gärten, Hecken und Wäldern – vor allem unter Rinde von Bäumen –, in Felsspalten oder unter Steinen. Sie kann stellenweise sehr häufig angetroffen werden, und gilt somit in Österreich ebenso wie in ganz Mitteleuropa als nicht gefährdet.
Die Körperlänge beträgt bei den Weibchen 4,5-7 mm, bei den Männchen 4-5,5 mm. Der Körper wirkt fettig glänzend, speziell der etwas abgeflachte Hinterleib, daher auch der Name Fettspinne. Die Grundfärbung des Vorderleibs ist braun bis fast schwarz, der Hinterleib ist in der Mitte meist hellbraun und wird gegen den Rand hin dunkelbraun bis schwarz. Meist ist ein mehr oder weniger deutlicher heller Mittelstreifen vorhanden sowie ein breites helles Band auf der Vorderseite. Oft kann man 4 kleine dunkle Punkte erkennen (diese markieren die innenliegenden Muskelansatzstellen). Die Beine sind rotbraun gefärbt und weisen dunkle Ringe auf.
Die Fettspinne baut – meist in Ecken oder Nischen – ein dreidimensionales Deckennetz mit einer mehr oder weniger dicht gesponnenen Netzdecke, nach oben und vertikal zur Seite gerichteten Spinnfäden und mit nach unten gerichteten, einzelnen Fangfäden. Nur diese tragen an ihrem unterem Ende Klebetropfen. Daran bleiben die Beutetiere hängen, der Faden löst sich und die Spinne eilt aus ihrem Unterschlupf, meist eine Spalte in Netznähe, herbei. Die Fettspinne überwältigt nicht nur kleine Insekten, sondern auch größere Spinnen wie z.B. die Hauswinkelspinne.
Fettspinnen sind ganzjährig anzutreffen, die Männchen allerdings vorwiegend in der Paarungszeit von Juni bis Oktober. Während der Balz setzt das Männchen Zirplaute ein: zur Lauterzeugung wird dabei ein scharfer Grat am vorderen Ende des Hinterleibs über Schrillleisten, die an der Hinterseite des Vorderkörpers liegen, gezogen. Damit wird das Weibchen aus dem Schlupfwinkel gelockt und die Paarung, welche in der Regel in Herbst und teilweise auch im Frühjahr stattfindet, kann vollzogen werden. Das Weibchen legt danach ca. 50-100 pinkfarbene Eier in einen weißen Kokon, der am Netz angebracht wird, ab.
Steatoda bipunctata wird mitunter mit Steatoda castanea verwechselt, einer Art, welche ähnliche Lebensräume besiedelt, aber meist eine hellere Färbung aufweist und auch nur im Frühjahr zu finden ist.
Warum wurde die Fettspinne zur Europäischen Spinne des Jahres gewählt?
Einerseits, weil diese Art in vielen Häusern zu finden und auch einigermaßen gut zu erkennen ist. Andererseits ist sie ein Beispiel für eine nicht gefährliche Haubennetzspinne im Gegensatz zu den immer wieder in den Medien genannten und zurecht gefürchteten, für den Menschen giftigen Schwarzen Witwen aus dem Mittelmeerraum. Eine weitere Besonderheit ist das Zirpen der balzenden Männchen.
Mit der Wahl der Spinne des Jahres soll aber nicht nur eine wenig beliebte Tiergruppe ins rechte Licht gerückt werden, sondern gleichzeitig erhoffen sich die Wissenschaftler, Daten zur aktuellen Verbreitung zu bekommen. In diesem Sinne: erfreuen Sie sich an der Spinne des Jahres und helfen Sie mit ihrer Fundmeldung oder ihrem Foto bei der Dokumentation dieser Art.
Gewählt wurde die „Europäische Spinne des Jahres“ von 83 Arachnologen aus 26 europäischen Ländern. Die Koordination der Wahl liegt beim Naturhistorischen Museum Wien, in Zusammenarbeit mit der Arachnologischen Gesellschaft (AraGes) und der European Society of Arachnology (ESA).
Christoph Hörweg