Die Europäische Spinne des Jahres 2017
Die Spaltenkreuzspinne – Nuctenea umbratica (Clerck, 1757)
Die Spaltenkreuzspinne, Nuctenea umbratica (Clerck, 1757), gehört zur Familie der Echten Radnetzspinnen (Araneidae). Diese Spinnenfamilie zählt weltweit 3.095, und in Europa 128 Arten. Die Gattung Nuctenea ist in (Mittel-)Europa mit 2 Arten vertreten. Die Spaltenkreuzspinne kommt in ganz Europa vor. Ihre Vertikalverbreitung ist vornehmlich planar/kollin (bis 800m Seehöhe) mit nur vereinzelten Funden darüber, z.B. in Tirol bis 1000m Seehöhe. Sie bewohnt verschiedene Lebensräume: ursprünglich ein Rindenbewohner, besonders von stehendem Totholz mit loser Baumrinde, findet man sie heute auch in urbanem Gebiet an Hausfassaden und Zäunen, gerne in Ritzen und Spalten (Name!) von Häusern. Sie kann stellenweise auch sehr häufig angetroffen werden, und gilt die Art in Österreich ebenso wie in ganz Mitteleuropa als nicht gefährdet.
Nuctenea umbratica baut ein vergleichsweise großes Radnetz (bis 70 cm im Durchmesser) mit einer exzentrischen Form, d.h. die Nabe ist immer zum Schlupfwinkel hin verschoben. Darin hält sich die Spinne untertags verborgen, bei Dunkelheit bzw. in der Nacht sitzt sie in der Netzmitte. Spaltenkreuzspinnen sind fast immer ganzjährig zu finden, vorwiegend aber von Juli bis Oktober.
Die Radnetzspinne Nuctenea umbratica weist einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus auf; die Körperlänge beträgt bei Weibchen 13-16 mm, bei Männchen hingegen lediglich 7-10 mm. Der Körper wirkt flachgedrückt und breit. Die Grundfärbung ist rotbraun bis schwarzbraun, die Beine sind dunkelbraun, und auf dem Hinterleib ist eine dunkle Blattzeichnung zu erkennen, die manchmal hell eingefasst sein kann.
Nuctenea umbratica wird mitunter mit dunklen Tieren von Larinioides ixobolus verwechselt, ist aber im Vergleich dazu wirklich glänzend schwarz und auch die Blattzeichnung ist stärker (hell) abgesetzt. Jungtiere der Spaltenkreuzspinne können der kleineren (Körperlänge bis 9mm), aber ungemein selteneren Nuctenea silvicultrix ähneln. Diese Art ist aber eher östlich verbreitet und unterscheidet sich durch ihre helleren Seiten und ihren rundlicheren Hinterleib.
Warum wurde die Spaltenkreuzspinne zur Europäischen Spinne des Jahres gewählt?
Dafür gibt es mehrere gute Gründe: (1) die Art ist relativ häufig, (2) ist trotz der versteckten Lebensweise in der Nähe von Häusern leicht zu entdecken, (3) ist durchaus auffällig und eindeutig zu erkennen, und (4) rückt als ursprünglicher Rindenbewohner den Lebensraum Totholz/Altbaumbestand in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.
Mit der Wahl der Spinne des Jahres soll aber nicht nur eine wenig beliebte Tiergruppe ins rechte Licht gerückt werden, sondern gleichzeitig erhoffen sich die Wissenschaftler, Daten zur aktuellen Verbreitung zu bekommen. In diesem Sinne: erfreuen Sie sich an der Spinne des Jahres und helfen Sie mit ihrer Fundmeldung oder ihrem Foto bei der Dokumentation dieser Art.
Gewählt wurde die „Europäische Spinne des Jahres“ von 81 Arachnologen aus 26 europäischen Ländern. Die Koordination der Wahl liegt beim Naturhistorischen Museum Wien, in Zusammenarbeit mit der Arachnologischen Gesellschaft (AraGes) und der European Society of Arachnology (ESA).
Christoph Hörweg
Kontakt Österreich, Deutschland
Mag. Christoph Hörweg, Naturhistorisches Museum Wien, 3. Zoologische Abteilung, Burgring 7, 1010 Wien, Österreich, E-Mail: christoph.hoerweg(a)nhm-wien.ac.at